Dr. med. vet. Richard Gerdemann
Dr. med. vet. Richard Gerdemann
Tierarzt

1. Pferd ohne Equidenpass:
Es ist ein Bestandsbuch erforderlich, die Bestandsbuchführung erfolgt durch den Tierhalter. Der Tierarzt muss einen Anwendungs- und Abgabebeleg ausfüllen. Nur für Lebensmittel liefernde Tiere zugelassene Arzneimittel dürfen angewendet werden. Das Pferd darf nicht „verbracht“ bzw. transportiert werden.

2. Pferd mit Equidenpass / keine Eintragungen zum Schlachtstatus bzw. Arzneimittelanhang fehlt:
s. Pferd ohne Equidenpass, aber Pferd darf verbracht bzw. transportiert werden

3. Pferd mit Equidenpass / zur Schlachtung bestimmt (Teil III):
Es ist ein Bestandsbuch erforderlich, die Bestandsbuchführung erfolgt durch den Tierhalter. Der Tierarzt muss einen Anwendungs- und Abgabebeleg ausfüllen. Bei diesen Tieren dürfen Arzneimitteln, die Wirkstoffe aus Tabelle I der Verordnung (EU) 37/2010 enthalten, unter Berücksichtigung der Verordnung (EU) 470/2009 (Rückstandshöchstmengen-VO) angewendet werden. Ferner dürfen solche Arzneimittel angewendet werden, deren Wirkstoffe im Anhang der Verordnung (EU) 122/2013, der sogenannten „Positivliste“, aufgenommen sind. Diese Wirkstoffe müssen vom Tierarzt in den Anhang IX bzw. Teil III/Verabreichte Arzneimittel des Equidenpasses eingetragen werden, und es bestehen sechs Monate Wartezeit. Wirkstoffe aus Tabelle II der Verordnung (EU) 37/2010 dürfen nicht angewendet werden.

4. Pferd mit Equidenpass / von der Schlachtung ausgenommen (Teil II):
Kein Bestandsbuch nötig, kein Anwendungs- und Abgabebeleg nötig. Es gelten die üblichen Vorschriften für nicht lebensmittelliefernde Tiere, auch Wirkstoffe aus Tabelle II der Verordnung (EU) 37/2010 dürfen auf Verordnung des Tierarztes angewendet werden. (Bei den Wirkstoffen aus Tabelle II handelt es sich um Aristolochia, Chloramphenicol, Chloroform, Chlorpromazin, Colchizin, Dapson, Dimetridazol, Metronidazol, Nitrofurane und Ronidazol.)

Bestandsbuch

Bei der Anwendung und Abgabe von Arzneimitteln, die für Tiere bestimmt sind, die zur Gewinnung von Lebensmitteln dienen, besteht Dokumentationspflicht von Seiten der Tierärzte und der Pferdehalter nach der Verordnung über tierärztliche Hausapotheken (TÄHAV) und nach der Verordnung über Nachweispflichten für Arzneimittel, die zur Anwendung bei Tieren bestimmt sind (AATV), der sogenannten „Bestandsbuch-Verordnung“. Halter von Tieren, die der Gewinnung von Lebensmitteln dienen, müssen Nachweise führen (und 5 Jahre aufbewahren) über Lieferant, Art und Menge der bezogenen, zur Anwendung bei Lebensmittel liefernden Tieren bestimmten Arzneimittel, so z. B. tierärztliche Verschreibungen, Rechnungen, Lieferscheine, Warenbegleitscheine und durch Tierärzte ausgestellte Anwendungs- und Abgabebelege. Die Anwendung aller apotheken- und verschreibungspflichtigen Arzneimittel (auch Homöopathika) muss unverzüglich durch den Tierhalter in ein im Betrieb zu führendes Bestandsbuch eingetragen werden. Abgesehen von der Führung des Bestandsbuches als gebundenes Buch oder als Einzeltier-Karteikarten ist auch ein elektronisches Dokument möglich. Derartige Daten müssen jederzeit verfügbar und lesbar sein. Sie müssen unveränderlich sein, und ein monatlicher Ausdruck muss erfolgen. Die Aufbewahrung des Bestandsbuchs sollte zusammen mit den Anwendungs- und Abgabebelegen erfolgen. Die Dokumentation muss der Behörde auf Verlangen unmittelbar vorgelegt werden können.

Definition Tierhalter

Tierhalter ist üblicherweise derjenige, der den Pferdebestand nach der Viehverkehrsverordnung angezeigt hat. Bei Haltungen von Pferden mehrerer Eigentümer ist es der Stallbesitzer, der seinen Betrieb angezeigt hat und damit unabhängig von den Eigentumsverhältnissen verantwortlich für das Führen des Bestandsbuches für alle Pferde ist, oder der einzelne Pferdeeigentümer, der die Haltung seines Pferdes beim Veterinäramt angezeigt hat und in diesem Fall einen eigenen Bestand innerhalb des Betriebes begründet hat. Entscheidend ist die Tatsache, dass überhaupt eine Dokumentation über den Arzneimitteleinsatz vorliegt und bei einer eventuell nötigen Schlachtung eingesehen werden kann und somit der Verbraucherschutz gewährleistet ist.

Eintragungen in den Arzneimittel-Anhang des Equidenpasses

Nochmals erwähnt werden soll auch, was in den Equidenpass überhaupt eingetragen werden muss, denn die Eintragungen im Teil II/Verabreichte Arzneimittel des Equidenpasses sind nicht zu den geforderten Eintragungen auf den Anwendungs- und Abgabebelegen bzw. im Bestandsbuch  äquivalent. Im Equidenpass sind nur die Anwendungen von Wirkstoffen der sogenannten „Positivliste“ einzutragen mit entsprechender Verlängerung der Wartezeit auf 6 Monate.

Hinweis

Die Erfahrung hat gezeigt, dass es einfacher ist, Pferde als „Nicht zur Schlachtung bestimmt“ eintragen zu lassen, um Tierärzten und Pferdebesitzern in vollem Umfang tierärztliche medikamentöse Behandlung zu ermöglichen und den Dokumentationsaufwand zu umgehen. Der Tierhalter sollte sich allerdings im Klaren darüber sein, dass die Entscheidung, das Pferd als nicht Lebensmittel liefernd zu deklarieren, selbst bei Besitzerwechsel unwiderruflich ist. Eine Schlachtung ist nicht mehr möglich. Eine Abschaffung bzw. Euthanasie des Tieres in diesen Fällen kann ebenfalls nicht ohne vernünftigen Grund erfolgen (Hinweis auf Tierschutzgesetz § 17, Nr. 1).

Equidenpass, Tierarzneimittel und tierärztliche Behandlung

Die Pferdehaltung nimmt unter den Tierhaltungen potentiell Lebensmittel liefernder Tiere einen Sonderstatus ein. In der Regel handelt es sich um Tiere, die als Sport- und Freizeitpferde eine wichtige Rolle im Leben ihrer Besitzer spielen, dennoch werden immer noch einige dieser Pferde als Schlachttiere in die Nahrungskette gebracht. Die Schlachtung von Pferden bereitet den mit dem Arzneimittelrecht konfrontierten Parteien, d. h. Tierärzten, Tierbesitzern, Pensionsstallbetreibern und zuständigen Behörden aber immer wieder Probleme. Alle Equiden müssen laut Viehverkehrsverordnung einen Equidenpass besitzen, sobald sie aus einem Bestand verbracht werden. Unter „Verbringen“ wird jeglicher Transport verstanden, nicht jedoch ein einfacher Ausritt. Um im vollen Umfang die medikamentöse Versorgung von Sport- und Freizeitpferden zu gewährleisten, aber auch, um die Lebensmittelsicherheit zu sichern, wurde mit Anhang IX (alte Fassung) bzw. Teil II und III (neue Fassung) des Equidenpasses eine Möglichkeit geschaffen, eindeutig zwischen Lebensmittel lieferndem Tier und nicht Lebensmittel lieferndem Tier zu unterscheiden. Als Folge der im Equidenpass getroffenen Entscheidung ergeben sich für den Tierarzt und den Tierhalter im Rahmen der ordnungsgemäßen Behandlung verschiedene arzneimittelrechtliche Verpflichtungen: